Handwerker, Zimmerer, Schlosser, Maler/Tüncher usw.
(Die Schlosserei Kempf findet man unter Helene und Josef Kempf, Schuster findet man unter Schuhe)
Hier stellen wir nach und nach ehemalige Handwerker usw., welche in die Ortsgeschichte eingingen, vor.
Alois und Hermann Scholl
Rätselfrage der Amtsblatt-Ausgabe KW 26 lautete: Diese historische Aufnahme ist eine ganz besondere und versetzt uns in die Zeitepoche 1925/26. Wir sehen das erste Motorrad im Ort. Dementsprechend groß waren natürlich Interesse und Bewunderung. So auch hier beim Menschenauflauf auf der Kreuzung vor dem Gasthaus „Zur Linde“. Beide Männer gingen aus unterschiedlichen Gründen in Niedernbergs Geschichte ein. Sowohl der Sozius, als auch der Fahrer, den wir suchen?
Der
Fahrer ist Alois Scholl, auf dem Sozius sitzt sein bester Freund und Kompagnon
Oswald Klement (*1893, †1926 ). Zusammen hatten sie sich das Zweirad angeschafft, wie auch
einen gemeinsam betriebenen Traktor, siehe Foto unten:
Alois (Fahrer) und Oswald Klement (hinten dem Bulldog, links vom Schlot) bei einem Gruppenfoto nach dem Dreschen in Soden. Die Dreschmaschine sieht man links. Ein tragischer Unfall ereignete sich im März 1926 nahe der Grotte, als die Beiden zum Pfarrholzabfahren unterwegs waren. Oswald, damals 34 Jahre alt, verfing sich mit seinen Klamotten zwischen dem unzureichend abgedeckten Hinterrad und Scheibenrad, wurde blitzschnell durchgedreht und verstarb noch an der Unfallstelle. Siehe hier... unter Niedernberger Gedenksteine. Der Gedenkstein steht links am Hauptweg im Wald, kurz nach dem Parkplatz, noch vor der Abzweigung zur Grotte und wurde vom Militärverein Niederberg errichtet.
Alois
nähte früher mit seiner Frau Anna als Heimschneider für eine Fabrik. Dies
sicherte den Lebensunterhalt und war auch wichtig für die Finanzierung der
Dreschmaschine und des Bulldogs, die damals ein kleines Vermögen kosteten. Die
erste Dreschmaschine war kaum abbezahlt, als sie durch einen Brand vernichtet
wurde. Also musste zur Abzahlung des neuen Kredits für die neue Maschine
gearbeitet werden. Oft wurde bis in die Nacht genäht, wie dies früher oftmals so üblich
war.
Alois
Scholl betrieb zudem bis in 1970er Jahre auch einen kleinen Fahrradhandel und
reparierte Räder. Viel
zu tun gab es auch in der Landwirtschaft, die die Familie Scholl zur
Selbstversorgung betrieb. Wie früher üblich, hielten sich die Scholls Schweine,
Hühner und Hasen und hatten das Feld zu bestellen.
Hermann heiratete 1950 Helma (geb. Koch), aus der Ehe gingen 2 Kinder hervor, Margrit und Beate
Hermann Scholl hat, wie früher üblich, Schneider gelernt, arbeitete später aber als Schlosser.
Er half seinem Vater früher oft beim Dreschen. Als sein Vater Alois Anfangs der 1970er Jahre altersbedingt nicht mehr konnte, hat er von ihm die Sägemaschine übernommen, mit der er bis in die 1980er Jahre bei den Leuten das Holz klein sägte.
Hermann war aktiver Fußballer, daher zog er mit seinem Traktor bei Festzügen oder beim Faschingszug immer die Festwagen der Spielvereinigung. Bei den Radfahrern war er ebenfalls dabei, siehe Fotos weiter unten. Bei den Ringern war er zwar kein Mitglied, ging aber regelmäßig als Zuschauer zu deren Wettkämpfen.
Der
Neffe Hilbert Wießmann (hier auf beiden Fotos als kleiner Junge) war oft und gerne in der Familie zu Gast, quasi ein
Familienmitglied. Daher wurde er von vielen einfach „Scholli“ genannt. Hilbert
half oft bei den Arbeiten mit und arbeitete später auch einige Zeit mit der
Sägemaschine. Mit auf dem linken Bild Alois und Hermann Scholl sowie Anton Wenzel.
Auch Schwiegersohn Wolfgang Bergmann arbeitete ab 1986 bis Anfang der 1990er Jahre noch einige Male mit der Säge. Nachdem er sich beim Sägen verletzte und dabei Fingerglieder verlor, gab er diese Tätigkeit auf und die Säge wurde stillgelegt.
Tüncher Rudolf Vettermann
Der Maler und Tapezierer Rudolf Vettermann wurde 1913 im Sudetenland geboren († 2000), heiratete seine Anna 1939, im Jahre des Kriegsausbruches, siehe Hochzeitsfoto rechts. Das Porträt links oben ist von 1935, Rudolf im Alter von 22 Jahren.
Foto links oben: Wir befinden uns mitten im 2. Weltkrieg, schreiben das Jahr 1942. Elegant gekleidet lassen sich Anna und Rudolf am Straßenrand von Zürau (Kreis Podersam / Sudetenland) ablichten. Ein zufällig daher kommender Junge beobachtet die Szenerie und gibt mit seinem Herrenfahrrad dem Foto eine zusätzliche Ausstrahlung. Rechts oben eine alte Ansichtskarte des 400-Seelen-Dorfes Zürau. 1946 fanden sie als Vertriebene mit Mutter Magdalena eine neue Heimat in Niedernberg.
Eine weitere alte Ansichtskarte des Geburtsortes von Rudolf. Viel
hat sich in Zürau nicht getan, seit Franz Kafka hier 1917/18 die glücklichste
Zeit seines Lebens verbrachte. Nur die Häuser sind weniger geworden (Foto rechts). Infos und Bilder von Zürau findet man hier... einen Bericht der FAZ über Franz Kafkas Zeit in Zürau kann man hier... nachlesen.
"Tüncher Rudolf" beschriftete auch Plakate, Transparente und Fahrzeuge, siehe Foto links. Bis ins hohe Alter beschriftete er auch die Holzkreuze für Beerdigungen. Er war auch für seinen Humor bekannt, u.a. erzählte gerne einen Witz. Immer wieder kamen bzw. kommen Erinnerungsstücke von ihm ans Tageslicht, wenn alte Tapeten abgemacht werden und darunter eine Skizze zum Vorschein kommt, die er mal so nebenbei an die Wand malte. Einen Satz, den man vorwärts und rückwärts lesen kann, hatte er ebenfalls vor dem Tapezieren an eine Wand geschrieben: „Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie“. Rudolf hat bei der Arbeit gerne vor sich hingepfiffen und ist mit bzw. auf der Leiter „gelaufen“. Links oben ein Wandgemälde von ihm im ehemaligen Gasthaus "Zur Linde".
In unserem Wochenrätsel gilt es seit Januar 2021 Niedernberger Persönlichkeiten, welche in der Öffentlichkeit standen oder einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten, sowie historische Ladengeschäfte, Firmen, Salons, Praxen, Wirtshäuser,
Handwerksbetriebe etc. zu erraten. Nach Auflösung der jeweiligen Rätsel
werden diese Personen mit Kurzbeschreibung und Bildmaterial hier in den Rubriken eingepflegt.