Gemischtwarenhandel, Krämerladen, Lebensmittel- und Kolonialwarengeschäfte

Hier stellen wir ehemalige "Tante Emma-Läden" und deren Betreiber, welche in die Ortsgeschichte eingingen, vor.


Bisher auf dieser Seite vorgestellt (von oben nach unten):

Edeka Koll / Olga Zimmermann / Rosel Wenzel

In eigener Rubrik vorgestellt:  Roswitha und Waldemar Reinhard  /  Theresia und Ernst Dietz




Das Lebensmittelgeschäft Roswitha Reinhard findet man hier... in einer eigenen Rubrik "Roswitha und Waldemar"


Edeka - Geschäft Klara Koll

 

Im Jahre 1966 eröffnete Klara Koll ihr Lebensmittel-Geschäft in der Hauptstraße 99 (heute Kleintierpraxis Anette Koll). Zunächst gehörte das Geschäft zur Lebensmittelkette A & O, später wechselte Frau Koll zu Edeka. 1980 zog der Laden in den Neubau (Waldweg 10 / Ecke Heiligenweg) um (Heute "Das Sonnenkorn").

Nach 25 Jahren schloss Klara Koll aus gesundheitlichen Gründen ihr Geschäft im Juni 1991. Siehe nachfolgende Bilder und Amtsblatt-Inserate.



 

Links im Bild Manfred Koll vor dem ersten Verkaufsladen in der Hauptstraße 99 (Ecke Großwallstädter Str.), das rechte Foto zeigt den Laden nach den Umzug 1980 in den Neubau einige Meter weiter im Heiligenweg (offizielle Anschrift Waldweg 10)


   

Gegenüberstellung damals (Edeka Koll) und heute (Bioladen Sonnenkorn)



  

Innenaufnahmen vom neuen Ladengeschäft (1980 - Juni 1991).  Im linken Bild links oben, neben der Registrierkasse, erkennt man Faschingshüte, vor der Kasse Gummibärchen und andere Süßigkeiten.  Im rechten Bild sind Sektflaschen, Rasierklingen sowie Klara Koll vor dem Drogerie-Regal zu sehen.


 

Klara betrachtet die ausgestellten Präsentkörbe, im Hintergrund ist der Waldweg durchs Fenster zu sehen.  Rechts im Bild die Frischhalteregale mit Wurstwaren, Milch, Joghurt, Käse %& Co, links erkennbar noch das Onko-Regal mit diversen Kakao-Pulverdosen. In den nachfolgenden Inseraten kann man einen kleinen Überblick vom vielfältigen Angebot lesen.


  

Amtsblatt-Anzeigen vom Gemischtwarenladen Klara Koll. Heute (Juni 2021) vor 30 Jahren wurde der Verkauf eingestellt.

 




Olga Zimmermann

Olga gehört zweifelsohne zu den wenigen Personen im Ort, bei welchen alleine der Vorname ausreicht, und man weiß genau, wer gemeint ist. Zeitgleich verbindet man damit unweigerlich den ehem. Krämerladen aus dem Innerort. So lange wie wohl kaum eine andere örtliche Person stand sie hinter der Theke ihres "Tante Olga" - Ladens in der Hauptstraße.

  

1924: Olga als achtjähriges Mädchem nach Empfang der Hl. Kommunion  (Alle Bilder per Mausklick vergrößerbar)



     

Olga als Jugendliche Anfang bis Mitte der 30er Jahre



Dieses Foto entstand in den 30er Jahren im Hof der Familie Hesbacher (Hauptstraße 36). Der Wagen hat wahrscheinlich Zuckerrüben geladen. Olga ist die zweite Frau von rechts, mittig vor dem Wagen steht Lene Hesbacher, der Bub hinter ihr müsste Seppel Hesbacher sein. Damals waren im Ort Landwirtdschaft und Heimschneiderei tonangebend, auch die Eigenversorgung auf dem Land selbstverständlich. Auf den Tisch kam „oigemåchti Kellerdräbbe“ (Ein alter Spruch auf die Frage, was es heute zu essen gibt. Denn die Töpfe und Einmachgläser hatte man - da noch keine Kühlschränke - auf und unter der Kellertreppe gelagert.)



    

"Handlung von Adam Hesbacher Nachf." -  rechts: Olga, Lina (verh. Kroth) und die kleine Elisabeth (verh. Schütz)

Bereits um 1869/70 bestand der Krämerladen in der Hauptstr. 36. Er zählt somit zu einem der ältesten Geschäften im Dorf. Inhaber war damals Johann Hesbacher. Im Jahre 1873 erfolgte die Geschäftsübernahme durch Adam Hesbacher. Ab 1905 führten die Geschwister Margarethe, Helene, Lorenz und Gottfried Hesbacher das Ladengeschäft, allen voran die Namen "Gretchen" und "Lene" blieben bei der damaligen Generation im Gedächtnis. Die beiden lernten wohl auch Anfang der 30er Jahre die junge Olga Kempf im Ladengeschäft an, bevor die geschäftstüchtige Frau Mitte bis Ende der 30er Jahre den Laden komplett übernahm und mit Emil Zimmermann eine Familie gründete.



   

Hauptstraße-Partien mit dem Ladengeschäft um 1940 sowie im Jahre 1973 (nach dem Kreiskarnevalszug) ) und 1975

TanteEmmaLaden

Früher wurde man im Laden bedient. Offene Waren wurden abgewogen und in Tüten oder mitgebrachte Gefäße gefüllt. So bekam man die tatsächlich benötigte Menge und musste keine unnötige Großpackung kaufen. Hinter der Theke stand bei Olga ein großer Schrank mit vielen, beschrifteten Schubkästen für Zucker, Reis usw., siehe auch nachfolgende Symbolbilder:

 

Anfang der 1960er Jahre wurden die Verkaufsräume erweitert und auf Selbstbedienung mit entsprechenden Regalen umgestellt. Man bekam auch Haushaltswaren oder Kleinigkeiten für die Landwirtschaft, z.B. Schmigge für Peitschen. Früher gab es dort auch Stoffe zu kaufen, diese jedoch hatte ihre Schwester Frieda Hytha ca. 1960 mit der Geschäftseröffnung des Textilhauses in der Schulstraße übernommen.


Fotothek df roe-neg 0006456 017 Kundin beim Einkauf

Symbolfoto: An der Theke in einem ländlichen Krämerladen. Es gab noch eine persönliche Beziehung, man wurde von der "Chefin" fachlich beraten und konnte die Neuigkeiten aus dem Dorfleben austauschen. Und wenn am Monatsende Ebbe in der Kasse war, durften Stammkunden auch "anschreiben", die dringend benötigten Einkäufe einige Tage später bezahlen. 

Bevor in Niedernberg zum 1. Januar 1955 eine Kassenarztstelle von Dr. Cornelius Büchler besetzt wurde (siehe Foto... der ersten Praxis im ehemaligen Benefiziatenhaus), musste in dringenden Fällen ein Arzt aus Großostheim oder Sulzbach geholt werden. Zu anfangs gab es jedoch nur zwei Telefonapparate im Ort. Eins im Rathaus (siehe Foto) und das zweite hier im Krämerladen, wo die Telefongespräche dann gegen Entgeld vermittelt wurden. Zu regulären Hausbesuchen kam der Arzt zwei Mal pro Woche ins Dorf. Wen er besuchen musste, erfuhr er im Laden von Olga Zimmermann. Hier lag eine Liste auf, in die man sich bei ärztlichem Bedarf eintrug.



  

1941: Die stolze Mutter lässt sich im Alter von 25 Jahren mit ihrer Tochter Anita im Arm fotografieren. Zwei Jahre zuvor war Olgas erste Tochter Irene mit 12 Monaten verstorben. Es sollte nicht ihr letzter Schickschalsschlag bleiben. Ihren Ehemann Emil Zimmermann verlor sie am 1.April 1962, er wurde nur 47 Jahre alt. Und nur sieben Jahre später verunglückte ihr Sohn Egon im Alter von 16 Jahren bei einem Mopedunfall, zusammen mit ihrem 17-jährigen Neffen Gerhard Hytha.
   




Gruppenbild mit Olga Zimmermann (vorne links) an der Außentreppe von Foto-Ziemlich in Sulzbach, Anlaß war sehr wahrscheinlich ein Jahrgangs- bzw. Klassentreffen im Jahre 1966.


 

Der "Kempf-Clan" - zwei Gruppenbilder anlässlich familiären Feierlichkeiten. Das linke Foto dürfte um die 1950 entstanden sein. Es zeigt u.a. Olga Zimmermann (mittig) wie auch Florentine Bleifuß mit Schürze. Die beiden Schwestern standen wohl nicht nur bei dieser Kommunionsfeier  im Dienste der Großfamilie. Allgemein galt Olga als besonders fleißige und genügsame Frau, bescheiden und hilfsbereit, in Olga pochte ein großes, selbstloses Herz. Sie war sehr gläubig und genoß die Gartenarbeit als Ausgleich in ihrem emsigen Leben. Das rechte Foto könnte aus dem Jahre 1964 sein, da Florentine ihren Sohn Werner auf dem Arm zu tragen scheint (60er Jahrgang) und Vater Heinrich Kempf (*1886, † 1966) mit auf dem Foto abgebildet ist.

         

Etwa Mitte bis Ende der 30er Jahre hatte Olga den Laden, in welchem sie zuvor angelernt wurde, übernommen. Ihre Tochter Anita half ihr ab den 70er Jahren bei der täglichen Ladenarbeit aus. In den letzten Jahren, als die Arbeit altersbedingt immer beschwerlicher wurde, kam ab und zu auch Enkelin Andrea nach Feierabend vorbei und räumte die Regale ein. Am Samstag, den 30. März 1991, kurz nach ihrem 75. Geburtstag, konnte man bei "Olga" letztmals Lebensmittel und Haushaltswaren einkaufen. Eine Ära ging zu Ende, fast 60 Jahre lang stand Olga hinter der Theke und freute sich über Kundschaft, liebte den Umgang mit Menschen. Es sollte im Ort aber nicht die einzige Lebensmittel-Geschäftsaufgabe im Jahre 1991 bleiben (ein Rückblick hierüber folgt). Mittlerweile hatten auch die kleineren und mittleren "Supermärkte" Einzug in den Ortschaften erhalten, es gab längst nicht nur mehr den großen "Massa-Markt" als Konkurrenz zu den Tante Emma Läden.




 

Diese REWE-Prospekte mit dem Geschäftsstempel von Olga Zimmermann's Gemischtwaren lagen im Jahre 1973 in den Briefkästen der Niedernberger Haushalte.


   

Bild links: Im Sommer 2018 erwischte unsere Kamera Enkelin Andrea Klug, die gerade bei ihrer Mutter Anita nach dem Rechten schaute. Andrea ist ihrer Großmutter Olga, als diese jung war,  fast wie aus dem Gesicht geschnitten, siehe Vergleichfotos. Die beiden Bilder mittig und rechts wurden im Mai 2021 aufgenommen. Aktuell wird in den ehemaligen Ladenräumen unter dem Namen "Zeitlos schön" von Janina Klug Kosmetik- und Fußpflege angeboten. Sollte Janina die Geschäfts-Gene Ihrer Uroma Olga in sich tragen, so wird dieser Beauty-Laden sicherlich noch in einigen Jahrzehnten Bestand haben und auch so mancher Besucher oder Straßenpassant an Olga und ihren alten Krämerladen zurück denken.

Olga Zimmermann verstarb am 17. November 1999 im Alter von 83 Jahren, wenige Wochen vor der Milleniumswende. Die Erinnerungen an sie leben im neuen Jahrtausend weiter. 


"Spar - Rosel"

Den Anfang in dieser Rubrik macht Rosel Wenzel mit ihrem Spargeschäft in der Hintermauer 7,  am 20. Januar 1961  erfolgte die Neueröffnung, heute vor genau 60 Jahren. Nachfolgend die damalige Anzeige im Niedernberger Amtsblatt:

 

Diese Anzeige damals Mitte Januar 1961 hat nicht nur Seltenheitswert, weil es die allererste Mitteilung diesbezüglich war, sondern auch der Vorname wurde mit "Rosl" (im Gegensatz zu den weiteren Anzeigen, s.unten) nicht korrekt geschrieben.

Zunächst war es ein kleiner Selbstbedienungsladen im Erdgeschoss des ursprünglichen Wohnhauses. Nach einigen Jahren zog das Geschäft in den neu errichteten großen Anbau, wo ausreichend Fläche für das vielfältige Angebot vorhanden war. Neben dem großen Lebensmittelsortiment (Selbstbedienung) gab es ein Regal mit Gemüse und Obst. An der Wurst- und Käsetheke bekam man die gewünschte Menge frisch aufgeschnitten. Hier wurde man bedient, es konnte auch Frischmilch mittels einer Milchpumpe in ein mitgebrachtes Gefäß gefüllt werden. Auch weitere Artikel für den täglichen Gebrauch wurden angeboten. Später kam ein Raum mit Schreibwaren und Zeitschriften hinzu. Hier hatte später Ilse Sacher einige Zeit ihre Lotto-Annahmestelle.


Rosel Wenzel in den 70er Jahren, damals im Alter von ca. 45 Jahren, vor ihrem Ladengeschäft in der Hintermauer. Diese Ansicht war auch nach dem Umbau kaum verändert, da sich die Erweiterung der Geschäftsräume mehr nach hinten ausdehnte. Der Laden gehörte der Handelskette "Spar" an, daher kam es auch im Volksmund zum Namen „Spar-Rosel“.



   

Bild links: Rosel in jungen Jahren. Zuletzt wohnte Rosel bei ihrer Tochter Andrea in Pflege, bevor sie am 1. Februar 2020 im stolzen Alter von 93 Jahren verstarb.  (Fotos durch Mausklick vergrößerbar)


       

Links: Sohn Walter geht zur Kommunion, die damals für due Buben noch typische Schildmütze hält er in der rechten Hand. Rechtes Foto: Walter, Rosel, Ursula und Hermann Wenzel bei einem Ausflug Ende der 50er Jahre



Familienfoto von 1963 mit Tochter Ursula und Sohn Walter, der im gleichen Jahr verstarb. Vier Jahre später kam Tochter Andrea zur Welt.


   

Foto links: Rosel als Teenager im Garten ihres Elternhauses.  Rechts: Tochter Ursula ging ihrer Mutter bereits in den Anfangsjahren zur Hand, hier ein Bild vom Juni 1967 von ihr hinter der Verkaufstheke. In späteren Jahren half auch Tochter Andrea im Laden aus. Rosel Wenzel führte ihr Geschäft bis Anfang / Mitte der 1980er Jahre. Das Spargeschäft wurde kurze Zeit von einem Nachfolger (Frau Nowak)  weitergeführt. Anschließend eröffnete dort Frau Brödner ein Handarbeitsgeschäft, auch die Montagefirma "Bechtel & Schließmann" und der Poolshop Niedernberg hatten dort zeitweise ihren Sitz. Heute sind die Geschäftsräume zur Wohnung umgebaut.




Gegenüberstellung des Neubaues (Foto 2020) mit dem ursprünglichen Haus um 1965.



Unten: Drei Anzeigen aus dem Amtsblatt Anfang der 70er  Jahre. Bilder durch Mausklick vergrößerbar.





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In unserem Wochenrätsel gilt es seit Januar 2021  Niedernberger Persönlichkeiten, welche in der Öffentlichkeit standen oder einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten, sowie historische Ladengeschäfte, Firmen, Salons, Praxen, Wirtshäuser, Handwerksbetriebe etc. zu erraten. Nach Auflösung der jeweiligen Rätsel werden diese Personen mit Kurzbeschreibung und Bildmaterial hier in den Rubriken eingepflegt. 

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