Der ursprüngliche Name Niedernburg setzt sich zusammen aus den althochdeutschen Wörtern "nidere", im Sinne von niedrig oder weiter unten gelegen, und "burc" für einen befestigten Ort. Als Erklärung ergibt sich daraus "weiter talabwärts (als Obernburg) gelegener, befestigter Ort".



Kartographie von Paul Pfinzing 1562 mit "Nidernburg"


Weitere frühere Schreibweisen des Ortes aus diversen historischen Karten und Urkunden

1095 Niderenburc
1151 Niderenburk
1230 Niderenburg
1290 Nyderenberg
1304 Nydermburg
1334 Nyederenberg
1367 Niedernberg
1403 Nedernburg
1510 Niddernberg
1532 Nydernberg
1609 Niedernberg



Die ältesten Funde, die auf menschliches Leben in Niedernberger Gemarkung hindeuten, stammen aus der Jungsteinzeit. Einschneidende Änderungen in der Landschaft gingen mit der Römerherrschaft um die Zeitenwende einher. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung reichte das römische Imperium bis an den Main. Zur Sicherung ihrer Reichsgrenze legten römische Truppen an strategisch wichtigen Stellen Kastelle an.

Der Ursprung Niedernbergs geht auf eine solche römische Kastellanlage, erbaut zwischen 83 und 150 n. Chr. am sogenannten nassen Limes zurück, der die Ostgrenze des Reiches darstellte. Das 144 × 135 Meter große Kastell war nach Osten, zum Main hin, ausgerichtet. Obwohl es überbaut wurde, geht der Grundriss des heutigen Ortskerns noch immer auf das Straßensystem des Kastells zurück, Hauptstraße und Kirchgasse decken sich mit den damaligen Lagerstraßen. Niedernberg war Standort der etwa 500 Mann starken Kohorte Cohors I Ligurum et Hispanorum, die in Norditalien und Spanien rekrutiert worden war.

Interessante Funde wie der Marcellusstein (1963 entdeckt) geben Aufschluss über das Leben der in Niedernberg stationierten Römer. 1964 wurde bei Bauarbeiten in der Hauptstraße eine bronzene Brunnenmaske gefunden, die das einzige entdeckte Original nördlich der Alpen ist. Die Maske ist das Prunkstück des Stiftsmuseums in Aschaffenburg und gehört bei römischen Ausstellungen oft als Leihgabe zu den höchst seltenen Exponaten.

Die erste urkundliche Erwähnung Niedernbergs wird auf das Jahr 1095 datiert. Damals vermachte „Diemar von Niderenburc“ dem Kloster Lorsch an der Bergstraße für den Unterhalt seines Tochterklosters Steinbach im Odenwald eine halbe Hube Land von seinem Besitz Pfungstadt.

Schon 1340 wurde die Niedernberger Kapelle, aus der nach allgemeiner Kenntnis die heutige Pfarrkirche St. Cyriakus hervorging, mit kleinen Vermächtnissen bedacht. Sowohl der Turm als auch der „Alte Chor“ von 1461 sind erhalten. Umfassende Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen wurden unter Pfarrer Seubert in den Jahren 1897 und 1931 durchgeführt. An der Südseite des Kirchturms wurde um 1822 die Grabplatte des Landschöffen Michael Groß eingelassen, welcher der Sage nach durch seinen Mut Niedernberg vor der Zerstörung durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg gerettet hat.

Nordwestlich des heutigen Dorfbereiches, am sogenannten Tannenwäldchen, befand sich bis Ende des 18. Jahrhunderts die Richtstätte der Cent Bachgau, zu der Niedernberg gehörte. Das Centgericht selbst tagte in Großostheim, von wo aus die Delinquenten ihren letzten Gang über den Galgenweg zum Richtplatz antraten.

Bis ins 19. Jahrhundert war Niedernberg von einer wehrhaften Dorfmauer umgeben, die entlang der Turmgasse und der Hintermauer in Teilbereichen erhalten ist. Sie konnte die Einwohner jedoch nicht vor den durchziehenden Truppen schützen. Während des Dreißigjährigen Krieges verminderte sich die Bevölkerungszahl auf beinahe ein Zehntel ihres vorherigen Bestandes.

Viele Bürger verließen im 19. Jahrhundert aufgrund von Wohnraumbeschränkung, Missernten und sozialen Notlagen ihre Heimat und wanderten in die USA aus. Erst als sich Ende des Jahrhunderts in Aschaffenburg und Umgebung die industrielle Fertigung von Herren-Oberbekleidung etablierte, kam ein gewisser Wohlstand auf. Um für Notsituationen gewappnet zu sein, wurde zusätzlich an der Landwirtschaft festgehalten. Dies hatte bis in die 1970er Jahre Bestand.

Im Jahr 1862 wurde das Bezirksamt Obernburg gebildet, auf dessen Verwaltungsgebiet Niedernberg lag. Wie überall im Deutschen Reich wurde 1939 die Bezeichnung Landkreis eingeführt. Niedernberg war eine der 35 Gemeinden im Landkreis Obernburg am Main (Kfz-Kennzeichen OBB). Mit Auflösung des Landkreises Obernburg kam Niedernberg 1972 in den neu gebildeten Landkreis Miltenberg (Kfz-Kennzeichen MIL). Mittlerweile kann man wahlweise wieder das Obernburger Kennzeichen "OBB" benutzen.

In kirchlicher Hinsicht gehörte Niedernberg vom frühen 8. Jahrhundert bis zur Säkularisation im Jahre 1803 zum Erzbistum Mainz. Danach war Niedernberg bis 1820 Teil des Bistums Regensburg mit seinem Erzbischof Karl Theodor von Dalberg. Erst seit 1821 zählt Niedernberg zum Bistum Würzburg.

Viele Jahrhunderte lang lag Niedernberg fernab großer Handelswege und führte ein eher bescheidenes Dasein. Einziges Verbindungsglied zwischen Spessart und Odenwald war die 1994 stillgelegte Mainfähre. Noch in den 1960er Jahren prägten Landwirtschaft und Heimschneiderei das Bild. Es folgte eine starke strukturelle Neuausrichtung hin zum Industriellen, beginnend mit der Ansiedlung der metallverarbeitenden späteren Wanzke AG 1970. Durch den über die B 469 gewährleisteten direkten Autobahnanschluss an das Rhein-Main-Gebiet, die Bereitstellung eines großen Industrie- und Gewerbegebietes und die 2001 fertiggestellte Mainbrücke im südlichen Gemarkungsbereich wurde die Ansiedlung verschiedener Arbeitgeber begünstigt.

Einen Rückschlag musste Niedernberg durch den Konkurs der börsennotierten und lange Zeit als Vorzeigeunternehmen geltenden m+s Elektronik AG im Jahre 2002 hinnehmen. Von insgesamt 1800 gekündigten Mitarbeitern verloren alleine am Standort Niedernberg 600 Personen ihren Arbeitsplatz. Der Niedergang der Firma aufgrund plötzlicher Kündigung der Geschäftskredite trotz positiver Gutachten und guter Auftragslage zog umfangreiche Medienberichte nach sich; so wurde auch eine Folge der WDR-Reihe die story mit dem Titel „Bankgeheimnisse“ produziert und mehrmals im deutschen Fernsehen ausgestrahlt.