Cent Bachgau

Gemeinsam mit den Stadtteilen Leider und Nilkheim der Stadt Aschaffenburg, dem Stadtteil Dorndiel der Stadt Großumstadt, der Stadt Obernburg und den Gemeinden Großwallstadt und Mömlingen, den Ortsteilen Radheim und Mosbach der Gemeinde Schaafheim, dem Markt Großostheim und dem Markt Stockstadt bildete die Gemeinde Niedernberg die historische Region Bachgau ("Cent Bachgaw")



Cent Bachgaw: Kupferstich des Mainzer Kartographen Nikolaus Person von 1695


Seit dem 14. Jahrhundert gehörten zum "Cent Bachgau" die Orte Stockstatt (Stockstadt am Main), Leyder (Leider), Nilkheimb (Nilkheim), Niedernberg, Großenwallstatt (Großwallstadt), Eysenbach (Eisenbach), Hausen (hinter der Sonne) (heute Wüstung), Mömblingen (Mömlingen), Radheimb (Radheim), Mosbach, Wenigenumbstatt (Wenigumstadt), Pflaumheimb (Pflaumheim), Ringenheimb (Ringheim), Ostheimb (Großostheim), Dorndill (Dorndiel), Obernburg am Main und Hof Neustatt (heute als Neustädterhof Ortsteil von Obernburg).


© Heinrich Stürzl / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0


Der his­to­ri­sche Gal­gen

Der Nach­bau dieser Hin­rich­tungs­stät­te steht im Niedernberger "Tannenwäldchen" am Rad­weg von Nie­dern­berg in Rich­tung Aschaf­fen­burgt, und be­zeich­net die Richt­stät­te der ehe­ma­li­gen Cent Bach­gau, zu der seit dem ho­hen Mit­telal­ter ab der Mit­te des 11. Jahr­hun­derts ins­ge­s­amt 18 Ge­mein­den zähl­ten. Zur Erinnerung an die einstige Richtstätte der Cent Bachgau hat die Gemeinde Niedernberg im Jahre 2009 die Nachbildung eines historischen Galgens aufstellen lassen.




© Heinrich Stürzl / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0

Unter anderem fielen neben Niedernberg auch Obernburg, Eisenbach, Großwallstadt und Mömlingen unter die Gerichtsbarkeit des Landgerichts unter dem Vorsitz den Centgrafen. Hier wurden all die Fälle behandelt und entschieden, die nicht in die niedere Gerichtsbarkeit fielen. Dieses Landgericht tagte auf dem Marktplatz von Großostheim und war für größere Straftaten zuständig, konnte auch Todesurteile fällen.

»Galgenweg« nach Niedernberg
Kam es zu einem Todesurteil, dann wurde über den Schwerverbrecher „der Stab gebrochen“ und er musste seinen letzten Gang antreten. Dieser führte von Großostheim über den „Galgenweg“ zu Richtstätte im „Niedernberger Wäldchen“, wo sich bei den „Galgentannen“ an der alten Geleitstraße der Galgen befand. Dort wuirde er hingerichtet. Als nach dem Bauernkrieg die Cent die Hochgerichtsbarkeit verlor, wurden die schweren Vergehen und auch die Hexenprozesse in Aschaffenburg verhandelt. Die Hinrichtungen der zum Tode Verurteilten aus der Cent Bachgau erfolgte aber nach wie vor am Galgen bei Niedernberg.

Noch Ende des 18. Jahrhunderts sind hier zwei Hinrichtungen dokumentiert:

Im November 1783 wurde der breubergische Schäfer Matthäus von Mömlingen mit dem Schwert enthauptet, weil er seinen Kameraden ermordet hatte.

Im Jahr 1793 fand (nach neuesten Erkenntnissen) eine der letzten Hinrichtungen am Galgen im Tannenwäldchen statt. Es war ein gefürchteter Straßenräuber, „Betteljoseph“ genannt. Die Hinrichtungsstätte der Cent Bachgau in der Gemarkung „Galgentanne“ wurde bereits 1363 in alten Urkunden erwähnt. Das Hochgericht, bei dem Todesurteile gefällt wurden, hatte lange Zeit seinen Sitz in Großostheim. Die zum Tode Verurteilten wurden auf dem „Galgenweg“ (mit dieser Bezeichnung war der Weg in alten Flurkarten eingezeichnet) zur Richtstätte geführt. Ab 1897 nutzte die Gemeinde diesen Platz etliche Jahre zum Verscharren von verendetem Vieh. 2009 wurde zur Erinnerung an die Richtstätte ein historischer Galgen von der Rentnerband nachgebaut.

Main-Echo Bericht vom 21. November 2009:




Infos und Bilder zur Rentnerband siehe hier...





Heutzutage zählen zum Bachgau die Orte Großostheim mit den Ortsteilen Ringheim, Pflaumheim und Wenigumstadt auf bayerischer Seite und die Gemeinde Schaafheim mit den Ortsteilen Mosbach und Radheim in Hessen.

Zentrum und größte Gemeinde im Bachgau ist der Markt Großostheim.


Wer dorch Oustem (Großostheim) kimmt, oune dass es leit (läutet), dorch Ploume (Pflaumheim) ohne Streit, dorch Willschenumst (Wenigumstadt) oune geroppt, dorch Moschbach oune gezoppt, dorch Roare (Radheim) oune geschlage, der kann vun Glick sage.«


Am 7.9.1795 wurde das Land Orlis, an dem auch Niedernberg Nutzungsrecht hatte, der Gemeinde Pflaumheim zugesprochen.

 




Die alte Mark Orlis umfasste einst den ganzen Höhenzug zwischen Obernburg und Eisenbach bis Großostheim und Niedernberg. Die Hügel waren mit dem heiligen Markwald bedeckt, der allen umliegenden Dörfern gemeinsam zu eigen war. Im 6. Jh., nach der Völkerwanderung, wurden Teile des Waldes zu Feldern umgebrochen. Der übrige Wald blieb als Allmende Gemeindeeigentum der angrenzenden Gemeinden. Der Orliswald diente als Viehweide und lieferte das nötige Brennholz. Wahrscheinlich im 11. oder 12. Jh. wurde der Wald unter den einzelnen Gemeinden aufgeteilt. Nur das mittlere Stück blieb als Zentviehweide erhalten. Der Begriff Land Orlis beschränkte sich jetzt nur noch auf dieses Stück. Nach dem Bauernkrieg 1525 wurden den Gemeinden die Weiderechte für dieses Gebiet entzogen. 200 Jahre später war das Land Orlis im Besitz der Gemeinde Pflaumheim. Durch den 30-jährigen Krieg waren alle wichtigen Urkunden verloren gegangen. Die zuvor berechtigten Bachgaugemeinden klagten vor Gericht. Nach jahrelangen Streitigkeiten wurde vom Mainzer Hofgericht am 7. 9. 1795  Pflaumheim der alleinige Besitz zugesprochen.

(Heimatbuch Seiten 46 bis 48) 

Weitere Infos hierüber findet man hier... auf der Webseite vom Geschichtsverein Pflaumheim und in einem Main-Echo Artikel über Legenden um die Pflaumheimer Waldabteilung »Urlas«



Die Redaktion des Main-Echo Aschaffenburg ging im Jahre 2016 In einer Serie Leben im Bachgau auf Spurensuche. Was ge­nau macht die Re­gi­on, die heu­te im We­sent­li­chen aus Schaaf­heim samt Orts­tei­len, Ba­ben­hau­sen und dem Markt Großost­heim be­steht, aus?

Teil 1Jahr für Jahr ein bisschen mehr »Wir-Gefühl«

Teil 2Wie der Bachgau zu seinem Sand kam

Teil 3Ringer sind Schaafheims Glanzlichter

Teil 4Schnaps, Brötchen und seltsame Rüben